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  • AutorenbildSchnurps Redaktion

Das Verhör- Endlos-Story Teil 4-

...Ich wache erneut am Nachmittag auf. Diesmal kontrollierter. Ich weiß, wo ich bin. Nur habe ich irgendwie schon wieder einen brummenden Schädel. Ich überlege, warum ich solche Kopfschmerzen haben könnte.

Dann fällt mir ein, dass …Wie heißt der Doktor noch gleich?

Ach ja stimmt, Dr. Horse. Eigentlich sollte ich mir den Namen gut merken können, da ich wie versessen aufs Reiten bin und auch ein spezielles Lieblingspferd habe. Oh man. Am liebsten würde ich jetzt einen Ausritt machen. Dann wäre ich frei; frei von allem. Und ich hätte an der frischen Luft keine Kopfschmerzen mehr oder zumindest hätte ich sie verdrängt, wenn ich meinem Hobby nachginge...

Also, warum habe ich so eine riesige Birne? Mhhh...

Oh nein! Warum habe ich darüber nachgedacht? Dr. Horse hat mir erzählt, dass meine Eltern tot seien! Aber warum nur? Ich verstehe einfach nicht warum. Wie kann das denn passieren, während ich dabei war? Ich weiß nichts mehr...

Mir kommen erneut die Tränen. Und mein Bruder... Der ist auf wundersame Weise verschollen. Tolles Leben, echt! Warum bin ich nur wieder aufgewacht? Das war echt unnötig!

Plötzlich wird die Tür geöffnet und eine Krankenschwester tritt ein, die mir etwas zu essen bringt. Erst jetzt bemerke ich, was ich für einen Hunger habe. Ich habe, seitdem ich im Krankenhaus bin, nur einmal etwas gegessen. Und das hätte ich sogar schon fast ausspucken können, weil ich zu der Zeit nicht hungrig war... Aber jetzt bin ich hungrig!

Ich hebe den Deckel hoch, mit dem das Essen warmgehalten wird, und himmel mein Lieblingsessen an: Kartoffeln mit Spinat und Eiern. Wie toll! Ich beginne sofort zu essen und es ist wirklich lecker, obwohl es Krankenhausessen ist.

Sobald ich fertig mit dem Essen bin, brauche ich ein paar Minuten Schonzeit und ich lege mich wieder hin.

Einen kurzen Augenblick später jedoch klopft es an der Tür und ich sage: „Herein!“

Zwei Polizisten, ein Mann und eine Frau, treten ein. Ich frage mich: Was habe ich denn jetzt bitteschön verbrochen? Ich bin eigentlich komplett vom Essen erschöpft, da ich mich immer noch auskurieren muss, bis die Polizisten mich fragen, ob ich Lena-Marie Schmitz sei und ich ihnen zustimme. „Stimmt etwas nicht? Habe ich etwas angestellt?“

Der Mann stellt sich erst einmal vor: „Ich bin Gerd und das ist meine Kollegin Sandra. Und nein du hast nichts angestellt. Wir sind hier, um dir ein paar Fragen zu stellen.“

„Das ist aber merkwürdig…“

Die Polizistin fragt: „Wie geht´s dir denn?“

Ich überlege ganz lange, weil ich es irgendwie nicht beschreiben oder definieren kann und antworte: „Ehrlich gesagt, keine Ahnung. Warum möchten Sie überhaupt mit mir reden? Ich bin gerade wirklich nicht in Stimmung dazu.“

Sie sagt: „Genau deswegen. Weil es wichtig ist, gerade jetzt mit dir zu reden, wenn du so alleine bist. Verstehst du das?“

„Nö. Ich will meine Ruhe haben.“

„Höre uns bitte trotzdem zu. Wir müssen nämlich herausfinden, was passiert ist und dir dazu Fragen stellen. Wir führen sozusagen ein Protokoll, wie du dich in der Zeit unserer Gespräche entwickelst. Du musst auch nicht viel sagen, wenn du nicht möchtest, denn es geht hauptsächlich darum, dass wir den Fall anhand von deinen Antworten aufdecken, aber jetzt, am Anfang, bekommst du noch etwas Schonfrist mit den Fragen“, sagt der Polizist, während er sich hinsetzt.

Sandra fängt an: „Also. Kannst du dich an irgendetwas aus dem Wald erinnern, in dem du mit deinen Eltern, deinem Bruder und den Hunden unterwegs warst?“

Ich starre an die weiße Decke, denke ganz lange nach und komme zu dem Entschluss, dass mir absolut gar nichts einfällt. Das könnte aber auch eventuell daran liegen, dass ich todmüde bin, weil ich mir gerade den Ranzen vollgehauen habe. Am liebsten würde ich auch jetzt schlafen wollen. Also sage ich: „Nein.“

„Das heißt, dass du weder weißt, was ihr in dem Wald gemacht habt noch wie es zu diesem Unfall gekommen ist?“

„Nein.“

„Und was ist, -Der Polizist zieht etwas aus seiner Innenjackentasche- wenn ich dir dieses Foto zeige? Vielleicht kannst du dich dann wieder erinnern.“

Ich bin schockiert. Ich glaube, dass ich noch nie so schockiert war wie in diesem Augenblick. Was hat er mir da gerade gezeigt? Das kann nicht wahr sein! Nein, das ist unmöglich!

Ich kann nicht mehr klar denken, habe keinen Faden mehr, der all meine Gedanken ordentlich zusammenhält, nichts mehr. Ich denke, dass die Polizisten meine Reaktion bemerkt haben.

Gerd fragt: „Wer ist das auf diesem Foto?“

Erneut schießen mir die Tränen in die Augen, während ich sie hasserfüllt aus vollem Herzen anschreie: „Verschwinden Sie! Verlassen Sie sofort mein Zimmer, sonst drücke ich diesen Knopf hier und rufe den Doktor!“

Die beiden Polizisten starren mich entsetzt an und Sabrina sagt: „Wir können verstehen, dass du aufgewühlt bist. Aber lass uns doch darüber sprechen.“

„Da gibt es nichts zu bereden. Verschwinden Sie, ich will Sie nie wiedersehen! Lassen Sie sich hier bloß nicht mehr blicken!“

Sie versuchen mich nochmals anzusprechen, doch ich weise sie trotzdem ab. Sie verabschieden sich und verlassen mein Patientenzimmer.

Ich bin froh, dass sie endlich weg sind. Dieses Foto… Ich werde dieses Foto nie wieder aus meinem Kopf bekommen. Es kann doch nicht sein, dass sie mir dieses Foto unter die Nase reiben und denken, mir würde etwas dazu einfallen. Nichts haben sie damit erreicht! …Außer mich noch trauriger, unglücklicher und wütender zu machen. Ich kann es echt nicht fassen.

Ich lege mich hin, drehe mich auf die Seite und beginne wieder zu heulen. Die blassen Gesichter der eigenen toten Eltern zu sehen ist nicht so angenehm. Selbst wenn mir Dr. Horse schon anfangs sagte, dass meine Eltern tot seien, hatte ich trotzdem noch einen letzten Funken Hoffnung in mir. Mein Schluchzen verwandelt sich ins Heulen und mein Heulen ins Schreien.

In diesem Moment frage ich mich wirklich, warum ich lebe…


von Selina Peesel, MSS 11

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